
Die letzten Jahre bin ich berufsmäßig immer wieder in die Überforderung gerannt und wollte die Berufsfähigkeit mit Gewalt erzwingen. Ohne Erfolg. Die letzten 4 Jobs bin ich jedes mal in der Probezeit rausgeflogen, obwohl ich mir größte Mühe gegeben habe. Aber wofür? Im Grunde habe ich mich nur sinnlos gequält. Ich wollte einfach nicht einsehen dass ich die geforderte Leistung die die Arbeitswelt einem abverlangt nicht mehr bringen kann. Auch mit Privatprojekten und großen Plänen habe ich mich überfordert.
Sobald es mir besser geht fange ich an Pläne zu schmieden was ich alles tolles tun könnte und renne immer wieder gegen die Wand.
Seit 3 Jahren ist es so dass ich regelmäßig psychische Zusammenbrüche mit heftigen Zwangsgedanken habe. Auch heute noch. In Notfällen hilft mir mein Notfallmedikament Diazepam. Aber lange Zeit habe wollte ich diese Zustände einfach nicht wahrhaben und habe hartnäckig verdrängt dass ich eine schwerwiegende psychische Beeinträchtigung habe. Wenn es mir besser ging (nach einem schlimmen kommt immer ein guter Tag) dachte ich immer JETZT bin ich ganz gesund! Ich habe es geschafft! Der Alptraum ist vorbei.
Leider geht es in der Praxis nicht so schnell wie wir es gerne hätten. Im Leben mit Schizophrenie gehören psychische Krisen und Rückschläge leider dazu und das müssen wir berücksichtigen. Wir brauchen Krankheitsakzeptanz.
Ich weiß ja schon und ich habe es in diesem Blog mehrmals erwähnt wie wichtig Geduld ist. Engelsgeduld mit uns selbst und liebevolle, nachsichtige Selbstfürsorge.
Ich habe aus meinen Fehlern gelernt. Ich “akzeptiere” das Rückschläge auf dem Weg der Genesung leider dazugehören. Egal wie unangenehm sie sich auch anfühlen, ich weiß “Ich bin nicht in Gefahr”. Es fällt mir zwar schwer aber ich “darf” mich auch mal schlecht fühlen, es ist nicht “immer” schlecht und es gibt auch gute Phasen. In diesen gilt es, den Spielraum zu nutzen und schönen Aktivitäten nachzugehen, von denen wir wissen dass sie uns gut tun. Joggen, musizieren, Spazieren gehen und vieles mehr.
Ich gehe durch eine harte Lebensschule, ich bin auf der Reise und Schatten werden kommen und gehen, ich weiß sie gehen vorbei, es ist nur in meinem Kopf, ich bin in Sicherheit.
Die Welt ist schön und perfekt und wir dürfen uns darin entfalten, ist das nicht wunderbar? Alter, Krankheit und Tod sind ein ganz natürlicher Teil des Lebens. Das will ich akzeptieren und ich WILL mein Leben meistern und all die schönen Dinge erleben die da noch auf mich warten. Auch die Krankheit Schizophrenie ist Teil meines Lebens und meiner Geschichte.
Ich muss nun einsehen dass ich nicht alles das leisten kann was ich gerne würde. Ich muss kleinere Brötchen backen, in Zukunft weniger arbeiten und bei meinen persönlichen Projekten deutlich auf die Bremse treten, so werde ich langfristig gesund, daran habe ich keinen Zweifel.
Auch wenn die Krisen kommen und gehen, das Leben mit Schizophrenie ist immer noch schön und lebenswert, mit der richtigen Einstellung und den richtigen Tools, und gut eingestellter Medikamente. Es sind oft die kleinen Dinge, welche den Unterschied machen. Zum Beispiel eine Kanne grüner Tee, ein alkoholfreies Bier oder ein Spaziergang bei schönem Wetter, ein gutes Gespräch mit einem Freund.
Und wir können üben dankbar zu sein darüber was wir alles schönes in unserem Leben haben! Leckeres Essen und Trinken, Sicherheit, Wohlstand, Freiheit, Freunde, Familie und Gemeinde. Und noch vieles mehr. Kultivieren Sie diese Dankbarkeit und gehen Sie fürsorglich und geduldig mit Ihren Symptomen um, sie sind ein Teil Ihres Lebens und Ihrer Existenz. Und das ist OK.