Psychiatrieaufenthalte meistern

Ok, Sie haben entschieden sich Hilfe zu holen und sind in der Psychiatrie. Gut gemacht! Vielleicht haben Sie auch Angehörige dazu überredet oder Sie sind mit der Polizei eingewiesen worden.

Warum auch immer Sie hier sind, am Anfang steht immer die Krankheitseinsicht. Akzeptieren Sie dass Sie ein Problem haben und Hilfe brauchen. Die Psychiatrie ist kein schöner Ort, aber manchmal machen akute Krisen einen Aufenthalt notwendig, bevor etwas passiert. Hier sind einige Tipps wie Sie einen Aufenthalt in der Psychiatrie meistern, keine Sorge – es wird Ihnen bald besser gehen:

Ankommen

Kommen Sie erst mal in Ruhe an. Am Anfang, gerade wenn die Krise noch frisch ist wirkt alles sehr unheimlich. Vor allem die Mitpatienten können einen grusligen und beängstigenden Eindruck machen. Hier mein Tipp: Stellen Sie sich vor Sie sitzen in einer Geisterbahn. Sie sehen furchteinflößende Dinge, aber Sie sind sicher in Ihrem Waggon und es kann Ihnen nichts passieren. Sie können sicher sein dass diese Fahrt auch irgendwann mal vorbei ist und sie nach Hause kommen. Akzeptieren Sie zunächst, dass Sie im Krankenhaus sind und nun eine geschützte Umgebung haben in der Sie zur Ruhe kommen und Ihre Probleme in den Griff bekommen können. Wenn Sie alles richtig machen werden Sie nach dem Aufenthalt deutlich stärker herauskommen als Sie es vorher waren.

Machen Sie sich mit Ihrem Zimmer vertraut und wenn Sie eine Tasche dabei haben (zum Beispiel eine Krisentasche) packen Sie alles aus und deponieren es in Schränken und Nachtkästen. Alles sollte aufgeräumt und immer an seinem Platz sein.

Schnaufen Sie erst mal durch und legen sich kurz hin und ruhen sich vom Stress der letzten Tage und Stunden erst mal aus. Danach erkunden Sie die Station.

Wenn Sie ein Handy dabeihaben kontaktieren Sie Freunde und Angehörige

In Psychiatrien wird manchmal geklaut, geben Sie Ihren Geldbeutel und sonstige Wertsachen bei der Pflege ab, dort sind sie sicher. Seien Sie aber auch nicht zu paranoid dass jemand Sie bestehlen will.

In der Regel bekommen Sie am ersten Tag ein Aufnahmegespräch mit dem Stationsarzt. Reden Sie sich alles von der Seele was Sie erlebt haben und was in Ihrem Kopf vorgeht. Sie können dem Arzt vertrauen.

Räumlichkeiten

Machen Sie sich mit den Räumlichkeiten vertraut, Ihr Pfleger wird Ihnen alles zeigen. Merken Sie sich wo Ihr Zimmer, die Küche, die Toiletten und der Raucherbereich (wenn Sie rauchen) sind.

Ordnung

Alles sollte an seinem Platz sein und ihr Zimmer, Schrank und Nachtkasten aufgeräumt. Bringen sie leere Flaschen und Tassen in die Küche und stellen Sie die Tassen in die Spülmaschine. Hinterlassen Sie Toiletten immer sauber und waschen sich die Hände mit Seife.

Pflegepersonal

Die Pfleger sollen dafür sorgen dass es Ihnen bald besser geht. Wenn Sie sich unwohl fühlen fragen Sie einen Pfleger ob er oder sie gerade Zeit für ein Gespräch hat. Versuchen Sie sich nach und nach alle Ihre Namen einzuprägen, sie können mehrmals nachfragen. Folgen Sie immer den Anweisungen des Personals und verweigern Sie keine Medikamente (das klären Sie mit Ihrem Arzt) oder Blutdruckmessungen, EKG und Blutabnahmen, die müssen Sie geduldig über sich ergehen lassen. Es passiert nichts schlimmes.

Personal in Psychiatrien ist oft überlastet und gestresst, zeigen Sie sich verständnisvoll. Wenn Sie etwas haben wollen, zum Beispiel einen Termin beim Psychologen oder eine Therapie dann fragen Sie ruhig mehrmals nach bis Sie es bekommen. Manchmal vergessen die Pfleger sich um etwas zu kümmern. Wenn Sie sich einmal ungerecht behandelt fühlen regen Sie sich nicht auf, drohen mit dem Anwalt oder werden laut oder aggressiv – das wird Ihnen nichts nützen, es ist nicht konstruktiv. Seien Sie geduldig wenn gerade mal jemand keine Zeit hat oder gerade mit einem anderen Patienten beschäftigt ist.

Arztgespräche und Visiten

Ganz wichtig: Vertrauen Sie den Ärzten und lügen Sie sie niemals an. Wenn Sie schlechte Gedanken haben, kommunizieren sie möglichst offen. Die Ärzte können nicht in Ihren Kopf schauen und sind darauf angewiesen dass Sie möglichst gut artikulieren können was sich in Ihrem Kopf gerade abspielt. Das ist wichtig damit die Psychiater Ihnen möglichst gut helfen können. Verschweigen Sie nichts weil Sie sich dadurch einen Vorteil, zum Beispiel bei Ihrer Ausgangsregelung versprechen.

Manche Ärzte sind sympathischer manche weniger, aber sie sind dazu da dass es Ihnen besser geht. Es sind Profis die schon sehr vielen Menschen geholfen haben und entsprechend ausgebildet sind.

Auch die Namen der Ärzte müssen Sie sich gut merken.

Sie brauchen keine Angst vor der Visite zu haben. Machen Sie sich klar dass das Personal dazu da ist Ihnen zu helfen. Wenn Sie sehr nervös sind machen Sie sich Notizen vor der Visite damit Sie nichts wichtiges vergessen was Sie besprechen wollen.

Medikamente

Sie entscheiden am Ende was Sie schlucken wollen. Besprechen Sie Ihre Medikation in der Visite und verhandeln Sie auf Augenhöhe ob und wie die Medikation angepasst werden soll. Sehen Sie die Vorschläge der Ärzte als Empfehlung und argumentieren Sie wenn Sie anderer Meinung sind. Sie sind für Ihre Gesundheit verantwortlich und die Ärzte sollen Sie dabei unterstützen. Werden Sie ein Team mit Ihren Betreuern welches als Ziel Ihre Genesung hat. Das ist die richtige Einstellung.

Therapien

Lassen Sie es langsam angehen und fügen Therapien nach und nach zu Ihrem Wochenplan dazu. Therapien sind für Ihren Genesungserfolg sehr wichtig, insbesondere die sportlichen. Wenn Frühsport angeboten wird, nehmen Sie diesen unbedingt wahr. Zwingen Sie sich wenn Sie keine Lust haben, es lohnt sich. Kunst, Musik und Gesprächsgruppen helfen Ihnen weiter an sich zu arbeiten.

Mitpatienten

Eine gute Patientengemeinschaft kann eine große Hilfe sein. Merken Sie sich die Namen und stellen Sie sich vor. Schätzen Sie ein wer Ihnen gut tut und wer nicht, stellen Sie Fragen und beginnen Gespräche, aber (wichtig!) achten Sie darauf dass Sie genügend Energie dafür haben. Manche Menschen tun einem nicht gut oder sind zu krank oder unsympathisch. Machen Sie einen Bogen um diese Menschen und ignorieren Sie sie. Wenn sie jemand zutextet, sagen sie unbedingt (!) “Stopp ich will grad nicht reden” oder “Tut mir leid aber ich brauche jetzt gerade etwas Ruhe”, wenn dass nicht hilft verlassen Sie unbedingt die Situation und wenn das auch nicht klappt wenden Sie sich an einen Pfleger wenn man sie nicht in Ruhe lässt. Sie dürfen jederzeit Stopp sagen und jemanden verärgern oder enttäuschen, ihr Wohlbefinden hat oberste Priorität. Versuchen Sie nicht es allen recht zu machen und hören weiter zu obwohl Sie sich unwohl fühlen.

Ich habe in der Psychiatrie sehr wertvolle und tolle Menschen kennengelernt. Wenn Sie jemand besser kennenlernen können Sie die Nummern austauschen, die meisten Kontakte versanden mit der Zeit aber aus manchen entstehen wunderbare Freundschaften. Suchen Sie sich Mitstreiter auf Ihrem Weg in die geistige Gesundheit.

Es tut gut sich mit anderen über Probleme auszutauschen und ein bisschen zu tratschen. Sie können nach Beruf, Familie, Diagnose, Hobbies und Zukunftsplänen fragen. Dadurch können interessante Gespräche entstehen. Fragen Sie Ihre Klinikfreunde wie es ihnen gerade geht, falls sie genug Energie haben mit einer negativen Antwort umzugehen. Reden tut gut, kostet aber auch ein bisschen Energie. Wenn es anstrengend wird ziehen Sie sich zurück. Lassen Sie sich nie von der Negativität oder Aggressivität mancher Patienten runterziehen.

Manche Patienten sind sehr schwer krank, aber Sie können und müssen nicht allen helfen. Versuchen Sie sie in Ihrem Leid zu anzunehmen wie sie sind und bauen Sie einen Schutzschild auf der allzu negatives nicht an Sie heranlässt. Stellen Sie sich eine unsichtbare Wand um Ihren Körper vor an der alles abprallt. Wird jemand laut oder aggressiv oder es gibt Streit, verlassen Sie die Situation und ziehen sich zurück, sie können den Stress gerade nicht gebrauchen.

Wenn Sie andere Patienten beobachten versuchen Sie immer dass leuchtende Licht in ihnen zu sehen welches jeder Mensch hat auch wenn er krank ist. Im Yoga sagt man “Namaste”, das bedeutet “Mein inneres Licht grüßt dein inneres Licht”

Manche Patienten wollen Ihnen Geschenke machen um Einfluss über Sie zu gewinnen. Andere freuen sich darüber Kaffee oder Süßigkeiten mit Ihnen zu teilen was sie bedenkenlos akzeptieren können. Hier ist Ihre Menschenkenntnis gefragt.

Partnerschaften

Man sollte als Patient lieber vermeiden, eine tiefe Beziehung mit einer Person des anderen Geschlechts einzugehen. Diese Beziehungen gehen meistens schief, weil es nicht gut ist, wenn in einer Partnerschaft beide seelisch beeinträchtigt sind. Das geht nie gut. Zwei Ertrinkende ziehen sich immer gegenseitig runter. Freundschaft ist ok, aber Partnerschaft ist meistens nicht so gut.

Engelsgeduld

Sehen Sie den Psychiatrieaufenthalt als Chance Geduld zu üben und an sich zu arbeiten, so als seien Sie in einem Kloster, Ashram oder Retreat. Seien Sie geduldig vor allem mit sich, mit der Pflege, mit dem Essen, wenn es Ihnen nicht gut geht oder wenn Sie sich einfach im Aufenthaltsraum sitzen und sich ein bisschen langweilen und die Zeit mal wieder langsam vergeht. Seien Sie geduldig wenn Sie auf den Arzt oder den Besuch warten. Geduld ist die allerwichtigste Tugend die sie zur Genesung brauchen.

Rauchen

Mir ist bewusst dass das Entspannungsgefühl beim Rauchen eine Illusion des Suchthirns ist und es sehr schädlich und teuer ist. Aber für mich habe ich festgestellt dass die Pausen mit Zigaretten leider helfen. Ich sage es nicht gerne, aber in der Psychiatrie aufhören zu wollen ist keine gute Idee. Ich würde eher raten genau so viel zu rauchen wie immer. Aufhören können Sie, wenn Sie mehrere Wochen stabil sind und sich zuhause und in Ihrem Leben wieder zurechtfinden. Viele Patienten sind Raucher und haben keinen Ausgang oder Geld für die Kippen. Sie können nach Sympathie entscheiden wem Sie Zigaretten geben wollen und wem nicht. Sie dürfen ruhig auch Nein sagen. Geben Sie Menschen die nicht regelmäßig ohnehin schon rauchen keine Zigaretten und ermutigen Sie sie stattdessen, es ohne zu versuchen.

Wenn Sie nicht rauchen, seien sie froh und fangen sie bloß nicht damit an!

Krise als Chance

Ich habe es in diesem Blog schon mehrmals wiederholt. Eine Krise ist eine Chance zum Wachstum. Die letzten 2 bis 3 Jahre bin ich viel auf der Couch versumpft und habe gegrübelt, obwohl ich wusste das es mir nicht gut tut. Ich hatte Impulse wie:

  • ich könnte einen Tee trinken
  • ich könnte einen Spaziergang machen
  • ich könnte singen
  • ich könnte was essen
  • ich könnte eine Serie schauen

Aber ich bin trotzdem liegen geblieben und habe es vorgezogen zu grübeln. “Hat damit zu tun dass bla, bla”, “damals hätte ich doch lieber bla bla”, “mir gehts nicht gut weil bla bla”.

Ich dachte, ich bin zu müde, ich kann nicht, ich habe keine Lust und das trügerische: “ich muss mich ausruhen”.

Es spricht nichts dagegen sich auszuruhen, aber sobald Sie in Grübelschleifen verfallen müssen (!) Sie aufstehen und sich ablenken.

Als ich letztes Jahr in der geschlossenen Abteilung war, war ich am psychischen Abgrund und dachte ich komme hier nie wieder raus. Ich habe dort Patienten getroffen die schon seit Jahren dort und sehr schwer krank sind. Aber dort stand ein Fahrradergometer auf dem ich mich auspowern konnte und ich habe jeden morgen eine Frühgymnastik gemacht. Ich wusste dass es um mein psychisches Überleben geht also war ich “gezwungen” mit Sport anzufangen, denn wenn man ganz unten ist, ist der Überlebenswille stärker und ermöglicht Veränderung und mit der Zeit habe ich das beibehalten und ausgebaut. Jetzt mache ich gerne und regelmäßig Sport wozu viele Menschen sich nicht aufraffen können. Ich kann mich nun aufraffen denn in der Klinik “musste” ich es um zu überleben. Das sind harte Lebenslektionen die ich lernen musste um als Mensch zu wachsen und im Rückblick bin ich sogar dankbar dafür. Und genau deswegen ist eine Krise immer eine Chance.

In meiner letzten Krise habe ich gelernt, nicht mehr so viel im Bett zu liegen und zu grübeln. Grübeln ist das Schlimmste was man tun kann und ich habe das jahrzehntelang falsch gemacht. Ich sah mich in der aktuellen Krise “gezwungen” mich abzulenken statt ins Bett zu gehen tagsüber. Ich habe einen Impuls was mir gut tun könnte und dann folge ich diesem Impuls (zbsp. singen, einen Tee trinken, ein Buch lesen, Tagebuch schreiben, fernsehen und so weiter). Wenn Sie keine Lust haben müssen Sie sich leider zwingen, es geht um Ihre Gesundheit. Lassen Sie nicht Faulheit oder Angst Ihr Verhalten diktieren und lenken Sie sich ab.

Das Bett sollte nur zum Schlafen da sein. Wenn sie lesen oder Filme schauen wollen setzen Sie sich lieber mit ihrem Handy, Buch oder Laptop in die Küche oder in den Aufenthaltsraum, oder wenn Sie einen Tisch haben in ihrem Zimmer.

In der Psychiatrie können Sie lernen für sich zu sorgen und können entdecken was Ihnen gut tut. Psychische Gesundheit ist ein Mosaik von vielen verschiedenen Einzelteilen mit all den Dingen die Ihnen gut tun und diese Ressourcen müssen sie aktivieren und pflegen so wie man sich als Gärtner um seinen Garten kümmert damit er Freude daran hat und darum geht es. Sie werden bald die Früchte ernten.

Seelsorge

In manchen Kliniken können Sie Termine mit einem Seelsorger vereinbaren, Sie müssen dafür nicht gläubig sein. Er hört Ihnen zu und sie können sich alles von der Seele reden was Ihnen durch den Kopf geht auch wenn es unangenehme Gedanken sind. Reden hilft.

anderen helfen

Helfen Sie anderen Patienten nur (!) wenn Sie gerade Energie dafür haben, wenn Sie sich unwohl fühlen machen Sie lieber etwas anderes was Ihnen gut tut. Seien Sie egoistisch.

Gesellschaftsspiele

Je mehr Ablenkung desto besser. Sie nehmen den Fokus weg von Ihrer Gedankenwelt und Sie können sich auf ein Spiel mit ihren Mitpatienten konzentrieren.

Aktivitäten

Hier ist eine Liste mit Aktivitäten mit denen Sie sich beschäftigen können (von chat gpt)

  1. Lesen von Büchern, Zeitschriften oder Comics
  2. Hören von Musik oder Hörbüchern
  3. Malen oder Zeichnen
  4. Tagebuch schreiben oder Gedichte verfassen
  5. Meditation oder Achtsamkeitsübungen
  6. Rätsel lösen wie Kreuzworträtsel oder Sudokus
  7. Yoga oder leichte körperliche Übungen
  8. Filme oder Serien schauen
  9. Handarbeiten wie Stricken oder Häkeln
  10. Mit anderen Patienten Gespräche führen oder Spiele spielen
  11. Naturgeräusche oder entspannende Musik hören
  12. Puzzles oder Legosteine zusammenbauen
  13. Fotografieren
  14. Podcasts hören oder selbst aufnehmen
  15. Origami falten oder andere Bastelprojekte
  16. Online-Kurse belegen (z. B. Sprachen lernen)
  17. Puzzlebücher wie Malbücher für Erwachsene
  18. Planung von zukünftigen Aktivitäten oder Zielen
  19. singen
  20. Sport machen (wenn es zum Beispiel ein Fahrradergometer oder ein Fitnessstudio in Ihrer Klinik gibt)
  21. Einen Spaziergang machen
  22. Eine Pizza bestellen

Tagebuch

Kaufen Sie sich ein Notizbuch oder legen Sie eine Datei auf Ihrem Laptop an und schreiben Sie immer wenn Ihnen danach ist und vor dem Schlafen gehen was Sie heute erlebt haben und welche Fortschritte Sie gemacht haben.

Körperpflege und Kleidung

Duschen Sie jeden morgen und putzen sich die Zähne (muss erledigt werden, auch wenn Sie keine Lust haben). Kämmen Sie sich regelmäßig. Es klingt banal aber viele Patienten haben Probleme damit. Wenn Sie äußerlich gepflegt sind wird sich auch Ihr Inneres besser fühlen und Sie machen einen besseren Eindruck auf andere, welche Ihnen dann anders begegnen. Wenn es in der Nähe einen Friseur gibt dann gönnen Sie sich doch mal einen neuen Haarschnitt oder eine Rasur. Achten Sie darauf immer genug saubere Wäsche zu haben.

Essen und Trinken

Ganz wichtig: Trinken Sie ausreichend Wasser. Mindestens 2, besser 3 Liter am Tag. Genießen Sie Ihr Essen und essen Sie langsam und bewusst, auch wenn das Essen nicht hervorragend ist (manche Menschen haben gar nichts zu essen). Übertreiben Sie es nicht mit Kaffee (nach 12 Uhr keinen Kaffee mehr). Greifen Sie stattdessen zu Tee oder koffeinfreiem Kaffee. Vermeiden Sie unbedingt Energy Drinks und zuckerhaltige Erfrischungsgetränke (hin und wieder können Sie sich mal eine Cola gönnen wenn Sie sich belohnen wollen, das selbe gilt für Süßigkeiten).

Kaufen Sie sich frisches Obst, Beeren und Nüsse oder lassen Sie es sich von Ihrem Besuch mitbringen. Ihr Gehirn braucht die Vitamine.

Ein bis zwei mal die Woche können Sie sich zusammen mit ihren Klinikfreunden was gönnen und zum Beispiel eine Pizza bestellen.

Krisen

Es kann immer mal wieder zu Krisen kommen. Sobald Sie unruhig werden und Ablenkung nicht hilft wenden Sie sich an das Personal, die können mit Ihnen reden. Artikulieren Sie möglichst genau was in Ihrem Kopf vorgeht. Wenn nötig lassen Sie sich ein Medikament geben, ruhen sich eine halbe Stunde aus bis die Tablette wirkt und wenden sich dann wieder einer Aktivität zu. Beruhigungsmittel sollten nur für Notfalle vorgesehen sein. Wenn das auch nichts bringt sagen Sie der Pflege dass sie einen Arzt sprechen wollen. Vor diesen Gesprächen brauchen Sie keine Angst zu haben, sie sind nicht in Gefahr.

Umgang mit Gedanken im Klinikalltag

Negative Gedanken und Wahnideen werden kommen und gehen. Nehmen Sie alles was kommt geduldig wahr und wenden sich sofort wieder der Realität zu. Immer wieder freundlich in die Realität zurückholen. Was ist jetzt? Was kann ich sehen und anfassen, was ist real? Wenn Gedanken und Beziehungsideen (hat diese Fernsehsendung etwas mit mir zu tun? Ist das eine versteckte Botschaft?) kommen, ignorieren Sie sie. Prägen Sie sich diese Sätze ein:

  • das hat nichts mit mir zu tun
  • dafür gibt es keine Beweise
  • Stopp! Psychose!
  • Das kann man auch anders sehen
  • das ist nicht hilfreich
  • davon hängt mein Leben nicht ab
  • da mache ich mir ein anderes mal Gedanken darüber
  • Gott kümmert sich drum

Wahnideen haben eine starke mentale Sogwirkung, man driftet ab und fällt immer mal wieder darauf rein, aber nicht so schlimm, sobald wir immer wieder Stopp sagen und uns wieder auf die Realität fokussieren, wird sich dieser Prozess automatisieren und die Gedanken werden aus unserem Bewusstsein verschwinden. Das geht nicht von heute auf morgen, es braucht Zeit und Geduld. Einen Wahngedanken erkennen Sie daran dass er Ihnen Angst macht und sich wie eine düstere Bedrohung anfühlt (da steckt doch dies oder jenes dahinter). Als Faustregel gilt: Wenn es Ihnen Angst macht ignorieren Sie es und machen weiter mit dem was Sie gerade tun.Wenn Sie sich gerade ausruhen, fokussieren Sie sich auf Ihren Atem. Es gibt für alles eine logische Erklärung.

Wenn Sie eine Angststörung haben wie zum Beispiel “was ist wenn ich eine Panikattacke bekomme”, “was ist wenn ich mich erbreche”, was ist wenn mein Laptop geklaut wird”, “was wenn ich keine Zigaretten mehr habe”, “was ist wenn etwas schief geht”, “was ist wenn jemand anruft und eine schlechte Nachricht hat”, “Was wenn ein Brief kommt, da könnte was problematisches drin sein”, “was wenn ich es nicht schaffe die Zigarette zu drehen”, “was ist wenn ich mir in die Hose mache?”, “was wenn ich heute nicht schlafen kann?”, “was ist wenn es keinen Kaffee gibt?”, “was ist wenn ich noch länger bleiben muss?”, “was ist wenn mir das Essenstablett runterfällt und eine Riesensauerei entsteht?”, “was ist wenn mich jemand kritisiert oder nicht mag?”, “was ist wenn ich meine Brille nicht finden kann?”, “Was ist wenn ich anfange zu schreien?”

Solche irrationalen Ängste plagen sehr viele Menschen. Machen Sie sich klar dass Angst dazu da ist uns vor Lebensgefahr zu schützen. So mussten unsere Vorfahren die einem Säbelzahntiger begegneten Angst haben um zu kämpfen oder zu flüchten (fight or flight) oder uns tot zu stellen (freeze). Der Körper ist in Alarmbereitschaft und Stresshormone werden ausgeschüttet.

Dafür ist Angst gedacht. Natürlich wissen wir das, aber die Angst vor alltäglichen Herausforderungen kommt trotzdem. Wenn ein solcher Gedanke kommt schenke ich Ihnen folgenden Satz der mir sehr geholfen hat in letzter Zeit. Nämlich:

Da hängt mein Leben nicht davon ab.

Sie schaffen es nicht das Radio einzuschalten? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Eine Tasse fällt Ihnen runter? Da hängt mein Leben nicht davon ab? Jemand könnte Ihnen Ihre Zigaretten aus dem Nachtkasten klauen? Da hängt mein Leben nicht davon ab? Ich erbreche mich auf mein Mittagessen? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Jemand ruft an und ich weiß nicht ob es eine schlechte Nachricht ist? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Ich darf heute nicht in den Ausgang? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Mein Handyakku ist leer? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Sie müssen ein Formular ausfüllen? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Ich habe etwas wichtiges vergessen, jemand kritisiert mich? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Sie haben ein Passwort vergessen? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Ich habe kein Geld mehr auf dem Konto? Da hängt mein Leben nicht davon ab (sie werden schon nicht verhungern) Die Ärzte sagen ich muss noch länger bleiben? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Sie wissen nicht wie sie die Rechnungen zahlen sollen? Da hängt mein Leben nicht davon ab. Probieren Sie es aus, es funktioniert. Bleiben Sie mutig und geduldig. Für jedes Problem (zum Beispiel Formulare und Geldsorgen) gibt es eine Lösung. Wenn Sie alleine nicht klarkommen fragen Sie jemanden um Hilfe.

Beten

Wenn alles um sie herum in Dunkelheit zu verschwinden droht, wenn die Gedanken zu viel werden und sie verzweifeln und glauben Sie schaffen es nicht, wenden Sie sich an Jesus. Beten Sie und bitten Sie ihn dass er sie rettet. Vertrauen Sie ganz auf die göttliche Macht und dass Sie gerettet werden.

Der HERR stützt alle, die zu fallen drohen, und alle Gebeugten richtet er wieder auf.

Psalmen 145:14

Lesen Sie auch folgenden Psalm

“Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang, und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.”

Psalm 23

Lesen Sie ihn immer wieder bis es Ihnen besser geht und Sie sich wieder geborgen und beschützt fühlen, dann wenden Sie sich wieder einer Aktivität zu.

Ein Beispiel aus meinem aktuellen Klinikaufenthalt. Ich hatte wieder schlecht geschlafen und war morgens völlig erschöpft und der alte Wahn mit Gedanken an Tod und Verzweiflung begann mich wieder einzuholen. Alles schien aus und ich dachte ich kann nicht mehr und gebe auf.

In meiner Verzweiflung wendete ich mich an Jesus Christus. Ich flehte ihn an mich zu retten und betete etwa 5 Minuten. Gleich darauf bekam ich eine Nachricht von einem Mitpatienten dass er diesen Artikel super findet und ich etwas daraus machen soll. Das hat mir wieder Mut gemacht und ich habe mich daran erinnert dass ich noch wichtige Aufgaben vor mir habe und mir Gott (das glaube ich) den Auftrag gegeben hat Menschen zu helfen. Mir kann niemand erzählen dass das ein Zufall war, beten wirkt Wunder. In der größten Not können Sie sich immer an Jesus wenden. Er wird Ihnen helfen. In der Krise vergessen wir oft was wir schon alles, tolles erreicht und welche Fortschritte wir gemacht haben. Erinnern Sie sich wieder daran! Hier hilft ein Erfolgstagebuch.

Ich selbst bin Christ, aber Sie können natürlich auch eine andere Religion haben die Ihnen Halt bietet.

Bin ich jetzt gesund?

Hüten Sie sich vor dem Gedanken “Ja, JETZT habe ich es geschafft, ich bin ganz gesund”. Meistens geht es nicht so schnell. Akzeptieren Sie dass es immer ein auf und ab ist und seine Zeit braucht. Akzeptieren Sie das es noch schwierige Momente geben wird, aber auch Fortschritte und Lichtblicke und am Ende die Genesung.

Medienkonsum

Handys und Laptops bieten uns eine Vielzahl an Ablenkungs und Unterhaltungsmöglichkeiten. Sie ermöglichen uns es auch zu kommunizieren und in Kontakt mit Freunden und Familie zu sein. Aber gehen Sie verantwortungsvoll mit Medien um. Vermeiden Sie aggressiven Rap, düsteren Heavy Metal und Techno. Halten Sie sich fern von allem was gewalttätig und negativ ist. Auch mit Zeitungen und Nachrichten sollten sie sparsam umgehen. Auf der Welt gibt es viele Probleme und Elend, Schlagzeilen sind oft negativ. Dass können Sie gerade nicht brauchen.

Ich empfehle Lobpreis Lieder und entspannende Musik wie Klassik, Regengeräusche, leichter Blues (Katie Melua, Nora Jones), chillout Musik, Kinofilm Soundtracks und Jazz sowie Meditationsmusik. Die Musik sollte möglichst positiv und entspannend sein. Gerne schaue ich unterhaltsame Netflix Serien wie zum Beispiel Big Bang Theory, Dokumentationen von arte und terraX oder Natursendungen. Eine Stunde vor dem Schlafen gehen sollten Sie Bildschirme vermeiden und lieber etwas lesen, stricken, ein Spiel spielen oder Mandalas ausmalen oder was auch immer. Youtube bietet eine Fülle an toller Musik und lustiger Videos. Vermeiden Sie Themen wie Krieg, Konflikte, Krankheit oder hitzige politische Debatten. Auch im Gespräch mit Mitpatienten.

Papierkrieg

Haben Sie Geldsorgen oder Ärger mit den Behörden? In der Regel gibt es in den Kliniken Sozialarbeiter die sich genau darum kümmern. Fragen Sie in der Pflegestation nach einem Termin. Wir leben in einem Sozialstaat wo es für Menschen in Not Hilfe und Unterstützung gibt. Sie habe ein Recht darauf. Erledigen Sie den notwendigen Papierkram mit Mut und Engelsgeduld. Für jedes Problem gibt es eine Lösung. Ihr Sozialarbeiter hilft Ihnen dabei.

Entspannung und Entschleunigung
Nutzen Sie die Klinikzeit ganz bewusst um zur Ruhe zu kommen.
Wenn Sie zum Beispiel essen, oder sich einen Tee machen, oder sei es
nur um eine Flasche aufzuräumen, tun Sie alles ganz bewusst,
langsam und achtsam in aller Seelenruhe. In der Ruhe liegt die Kraft.
Achten Sie auf Entspannungsphasen mit schöner Musik, progressive
Muskelentspannung oder einem body scan (finden Sie alles auf
youtube oder spotify) Regelmäßige Entspannung fördert auch
erwiesenermaßen Ihren Schlaf. Nehmen Sie unbedingt an
entspannenden Therapien wie Yoga, PMR, Qi-Gong teil, fragen Sie
nach was angeboten wird oder schauen Sie auf Ihren Therapieplan.
Wichtig: Gehen Sie erst ins Bett wenn sie schläfrig sind, achten Sie auf
Schlafhygiene und stellen Sie sich einen Wecker so dass Sie immer
um die selbe Zeit aufstehen. Nutzen Sie die Morgenstunden für eine
Morgenroutine oder füllen Sie Ihren Kopf mit unterhaltsamen oder
entspannenden, positiven Youtube Videos.

Besuch und Kontakt mit Angehörigen

Jeder Patient freut sich über Besuch, Chat oder Telefonat mit Angehörigen. Viel reden und Kommunikation tut Ihrer Seele gut. Aber Vorsicht, muten Sie Ihrem Gesprächspartner nicht zu viel von Ihrer seelischen Last zu, nicht jeder kann damit umgehen und fühlt sich hilflos. Mein Tipp, bevor Sie von Ihren Problemen erzählen, fragen Sie nach ob die betreffende Person gerade die Energie dafür hat. Dann fragen Sie zunächst mal nach (auch wenn es Ihnen sehr schlecht geht) was es in ihrem Leben neues gibt und wie es Ihnen geht. Das lenkt den Fokus weg von Ihnen selbst. Benutzen Sie andere Menschen nie als seelischen Mülleimer wo sie nur ihre Probleme abladen sondern haben ein ernsthaftes Interessen am Leben dieser Menschen. Kommunikation ist ein Geben und Nehmen. Schreiben Sie hin und wieder Ihren Bekannten und Freunden Chat Nachrichten und pflegen Sie Ihr soziales Netzwerk. Fragen Sie Freunde und Bekannte nach möglichen Krankenhausbesuchen. Akzeptieren Sie wenn jemand gerade keine Zeit hat oder sich von Ihnen abwendet. Das gehört dazu. Meiden Sie anstrengende Gesprächspartner welche Sie runterziehen. Wenn Sie sich sehr unwohl fühlen beenden Sie das Gespräch. Sorgen Sie für sich.

wann ist es Zeit nach hause zu gehen?

In der Psychiatrie kann einem schnell die Decke auf den Kopf fallen und man sehnt sich nach hause um der Klinik zu entkommen, weil man glaubt zuhause wird es besser. Denken Sie an die Motivation mit der Sie ursprünglich in die Klinik gegangen sind. Gehen Sie erst wenn es Ihnen deutlich besser geht und üben Sie sich in Geduld. Sie sollten sich ausreichend stabil und normal fühlen. Hören Sie auf die Ärzte und überstürzen Sie nichts. Vereinbaren Sie mit Ihren Ärzten Heimurlaube und testen sie peu a peu wie sie sich in Ihrer alten Umgebung zurechtfinden.

Viel Erfolg bei Ihrem Klinikaufenthalt.

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