
Ich kämpfe seit Jahren mit negativen oder ich nenne sie „blöde“ Gedanken. Zum Beispiel solche
- Du kommst in die Hölle
- Heute nacht bringst du dich um
- du kommst in die Geschlossene Psychiatrie
- es wird nie wieder besser
- Du tust jemandem etwas an
- Der Teufel ist in deinem Herzen
- ich schaff das nicht
- Ich bin wertlos
- Alles geht schief
- ich bin ein Versager
- was wenn ich jetzt von dieser Brücke springe oder vors Auto laufe
- ich hab was verbockt, ich werde bestimmt morgen gefeuert
- Gott hasst mich
Diese prasseln tagtäglich auf mich ein. Schon morgens wenn ich die Augen aufmache kommen sie so sicher in mein Bewusstsein wie das Amen in der Kirche.
Negative Gedanken kennt jeder von uns. Es kann aber passieren dass wir irgendwann regelrecht Angst vor unseren eigenen Gedanken haben und sie versuchen möglichst zu vermeiden, zu entkräften, zu verdrängen, in den Griff zu bekommen und wegzuschieben weil wir denken sie seien gefährlich und verboten, weil sie nicht unseren Werten und unserer Vorstellung von mentaler Gesundheit entsprechen. Was sind die Ursachen von solchen Gedanken?
- Erlernte Denkmuster, Glaubenssätze und tief verwurzelte Überzeugungen (Kognitive Prägung):
- Stress, Ängste und aktuelle Belastungen, z.Bsp Geldsorgen (Situative Auslöser):
- Psychische Erkrankungen wie Depression oder Schizophrenie (Klinische Faktoren):
Unser Gehirn ist ein Überlebensorgan, das darauf trainiert ist, potenzielle Gefahren zu erkennen und zu warnen. Dabei produziert es oft auch einfach „Gedankenmüll“.
Hier eine wichtige Botschaft: Negative Gedanken sind normal! Jeder Mensch hat eine Schattenseite und negative Gedanken. Diese gilt es in die persönliche Lebensrealität zu integrieren.
Die Gesellschaft und unsere Erfolgskultur diktiert uns dass wir solche Gedanken nicht haben sollen. Wir sollen immer gut drauf sein, gute Vibes verbreiten, positiv gestimmt sein, das Leben genießen „müssen“, tolle Urlaubsziele haben, erfolgreich in Beruf und Privatleben sein, Statussymbole haben und so weiter. Negative Gedanken passen nicht in dieses Bild von einem idealen Leben und Selbstbild.
Von diesem Diktat müssen wir uns verabschieden, denn negative Gedanken sind Grundbedingungen des Menschseins und gehören zum Leben in dieser Welt und ihrer Realität einfach dazu! Aber: Es ist auch teilweise einfach ein Grundrauschen von mentalen Fragmenten, wir brauchen ihnen keine große Beachtung zu schenken.
Der Schlüssel zur mentalen Gesundheit ist es, nicht die Gedanken und Gefühle die uns Angst machen loszuwerden und auszumerzen, sondern sie willkommen zu heißen, sie beobachten und sie akzeptieren. Üben Sie sich in Selbstmitgefühl. Was würden Sie einem guten Freund raten, der solch einen Gedanken hat?
Ich habe in meinem Leben dieses Joch, diese Bürde dass ich mit negativen Gedanken konfrontiert bin und an diesen Problemen wachse und lerne damit umzugehen. Dabei habe ich einen entscheidenden „shift“ in meinem Denken gemacht. Ich lasse blöde Gedanken konsequent zu. Ich beginne meinen Tag und mache mir klar dass blöde Gedanken kommen und gehen und einfach da sein dürfen, sie wollen Raum in meinem Geist haben – und den dürfen sie bekommen. Früher war es so – dass ich früh aufgestanden, geschrieben und mich wohl gefühlt habe. Ich dachte „jetzt habe ich es geschafft, ich bin gesund“, dann begann ich den Tag und die Ängste und Abgrundgefühle haben sich doch wieder eingeschlichen und ich war frustriert und enttäuscht. Oder ich dachte nachmittags, „ohje da kommt wieder eine Gedankenlawine, da braut sich was zusammen, ich habe Angst, werde ich heute wieder stundenlang leiden und aushalten müssen auf der Couch?“
Heute habe ich einen besseren Umgang damit gefunden. Ich denke: „Ok, ich darf mich auch mal schlecht fühlen“, „es darf heute vormittag wieder schwierig werden“ und „ich akzeptiere alle mentalen Zustände in die ich geraten könnte“. Für Notfälle habe ich mein Diazepam und ich kann jederzeit in die Notaufnahme meines Krankenhauses wenn ich es nicht mehr alleine zuhause schaffe. Das gibt mir die nötige Sicherheit.
Ich habe Krankheitsakzeptanz. Ich gehe durch meinen Alltag und akzeptiere alle mentalen Zustände und negativen Gedanken die auf meinem inneren Bildschirm auftauchen und mache einfach weiter, dabei hilft mir meine Tagesstruktur und meine commitments um durch den Tag zu kommen und mich sinnvoll zu beschäftigen. Blöde Gedanken und Rumliegen sind erlaubt!
Gestern hatte ich den Gedanken: „Wir (die Dämonen) sorgen dafür dass du nie wieder schlafen kannst und dann geht es ab in die Geschlossene mit dir!“. Ein typischer, blöder Gedanke. Aber, er macht mir keine Angst mehr! Ich weiß es ist nur mein eigener Gedanke, nur ein Gedanke, nicht real, gesprochene Worte im Kopf, keine Einflüsterung finsterer Mächte. Alles stinknormal. Diese Erkenntnis entlastet mich und ich kann mich weiter einfach nur freuen am Leben zu sein, in dieser perfekten Welt leben zu dürfen und es einfach nur geil finden zu leben und zu atmen und mein Leben zu leben. Blöde Gedanken dürfen kommen und gehen. Sie sind völlig unnötig und ungefährlich. Es sind „neurologische Zufallsprodukte“. Machen Sie sich das bewusst. Was ist JETZT?
Erlauben Sie sich, einfach ein Mensch zu sein und menschliche Gehirne produzieren manchmal unsinnige und nicht hilfreiche Gedanken. Akzeptieren sie das, das ist einfach so! Urteilen und bewerten sie nicht. Fürchten Sie sich nicht.
Sie können versuchen ihren Gedanken ein Label zu geben, zum Beispiel „Aha, Psychogedanke“, oder „Ok, da ist eine Sorge. Hallo Sorge“, „Hallo katastrophen Gedanke. Du darfst da sein, ist ok. Kein Problem“ und dann legen Sie sie ab und kümmern sich nicht weiter darum.
Was Sie auch tun können ist Ihren Körper als Fokusanker zu betrachten. Wie ist meine Atmung gerade? Wie fühlt sich der Druck auf dem Körper vom Stuhl an auf dem ich sitze. Wie fühlt sich der Boden an auf dem ich gerade laufe. Was ist hier und jetzt?
Es gilt, nicht mit seinen Gedanken fusioniert (verschmolzen) zu sein sondern die Distanz zu wahren und ein interessierter, neugieriger Beobachter zu sein. (siehe Acceptance Commitment Therapy) Das habe ich schon an mehreren Stellen in diesem Blog erwähnt. Ich wiederhole es, da es eine zentrale Botschaft für Ihre mentale Gesundheit darstellt schwierige innere Erlebnisse zuzulassen statt sie zu bekämpfen. Dadurch sparen sie wertvolle Energie die Sie zum Erreichen werteorientierter Ziele einsetzen können. (Auch das habe ich bereits mehrmals erwähnt).
Es gilt also, nicht zu versuchen schlechte Gedanken zu kontrollieren und auszumerzen sondern zuzulassen und loszulassen. Denken Sie so oft wie möglich „Ich lasse los“. Der Gedanke verursacht nicht das Leid, der Widerstand und der innere Kampf verursachen das Leid. Entscheiden Sie wie sie „trotz“ oder „mit“ diesem Gedanken ein erfolgreiches Leben führen und Ihren Alltag gestalten können.
Die Akzeptanz von negativen Gedanken und Gefühlen ist daher keine passive Resignation, sondern ein Akt der Befreiung. Sie beendet den kräftezehrenden inneren Kampf, setzt mentale Energie frei und macht uns resilienter. Dadurch verschiebt sich unser Fokus von der inneren Kritik hin zum werteorientierten Handeln.
Blöde Gedanken sind erlaubt. Erst wenn wir das wirklich verinnerlichen, können wir ein Leben führen, das nicht von den zufälligen Inhalten unseres Geistes, sondern von unseren bewussten Entscheidungen bestimmt wird. Die Seele will gesund werden.
Viel Erfolg beim Umgang mit blöden Gedanken! Schreiben Sie Ihre Erfahrungen gerne in die Kommentare oder schreiben mir eine E-Mail. Ich freue mich darüber.
Das ist wirklich schwierig mit so negativen Gedanken. Ich hoffe es wird besser, dass du sie vorbeiziehen lassen kannst und dir sagen, dass es besser wird.